Einspruch!
Die Bundesregierung will den Innovationsstandort Deutschland stärken und verschreibt dem Bürger das automatisierte Fahren. Das Kabinett beschloss dazu Ende Januar den Entwurf von Verkehrsminister Dobrindt zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes. Sollte er ohne Änderungen das Gesetzgebungsverfahren passieren, steht fest: Für den Verbraucher wäre das Rezept, mit dem Dobrindt in Europa vorpreschen will, eine bittere Pille.
Wer dem Autopiloten in Zukunft das Steuer übergibt, muss nach dem vorliegenden Entwurf Risiken und Nebenwirkungen einer kaum erprobten Technologie nicht nur in Kauf nehmen, sondern ist im Zweifel auch für sie verantwortlich. So soll das automatisierte System, beispielsweise bei Überforderung der Sensorik durch schlechtes Wetter, kurzfristig „seine Grenzen erkennen“, den Fahrzeugführer zur Übernahme des Steuers auffordern und sich einfach abschalten. Wie schnell der Fahrer dann wieder übernehmen muss, ist im Gesetzentwurf nicht geklärt.
Ohnehin will man sich auf die Selbsterkenntnis von Autopiloten wohl lieber nicht verlassen und macht es dem Fahrzeugführer zur Pflicht, jederzeit zu übernehmen, „wenn er erkennt oder auf Grund offensichtlicher Umstände erkennen muss, dass die Voraussetzungen für eine bestimmungsgemäße Verwendung der hoch- oder vollautomatisierten Fahrfunktionen nicht mehr vorliegen.“ So weit, so nebulös.
Und dann die Frage der Haftung: Auch beim Versagen des automatischen Systems soll der Fahrzeughalter im Zuge der sogenannten Gefährdungshaftung schadensersatzpflichtig bleiben. Im Gesetzentwurf verlässt man sich dabei darauf, dass „die Haftpflichtversicherung des Halters und die Versicherung des Herstellers klären, wer im Ergebnis die Kosten des Unfalls zu tragen hat“.
In ihrer aktuellen Hightech-Strategie hat sich Bundesregierung eine stärkere Einbeziehung der Gesellschaft in Innovationsprozesse auf die Fahnen geschrieben. „Innovationen brauchen eine Verankerung in der Mitte der Gesellschaft“, heißt es hier sehr schön. Das hastige Vorantreiben des automatisierten Fahrens zu Lasten der Verbraucher ist da ein Schlag ins Gesicht.
Jetzt sind die parlamentarischen Institutionen gefragt. Der Bundesrat hat im März bereits Flagge gezeigt und verlangt eine grundlegende Überarbeitung des Entwurfs. Die Ethikkommission für automatisiertes Fahren, die im Auftrag des Verkehrsministers seit letztem Herbst Leitlinien für das Verhalten automatisierter Fahrzeuge erarbeiten soll, schweigt dagegen. Sie soll erst im Sommer 2017 erste Ergebnisse vorlegen – für die rechtliche Ausgestaltung des Einsatzes der neuen Technologie könnte das zu spät sein.